TRIUMPH BONNEVILLE BOBBER – Die dunkle Seite der Macht

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Keine Triumph hat sich je so schnell verkauft wie die im letzten Jahr lancierte Bonneville Bobber. Von diesem Momentum wollten die Briten profitieren, weshalb sie 2018 die düstere Bobber Black nachgereicht haben.

Zahlen zur Triumph Bonneville Bobber Black

  • Motortyp: Reihenzweizylinder-Viertakter
  • Hubraum: 1’200 ccm
  • Max. Leistung: 77 PS bei 6’100/min
  • Max. Drehmoment: 106 Nm bei 4’000/min
  • Gewicht: 237,5 kg trocken
  • Preis Testmotorrad: 14’750 Franken
  • Basispreis: 14’750 Franken
  • Konkurrenten: Harley-Davidson Forty-Eight Special, Moto Guzzi V9 Bobber, Indian Scout Bobber
  • Spezifische Infos: 2 Jahre Garantie ohne Kilometerbeschränkung, Inspektion alle 12’000 km oder 12 Monate,
  • Einstellung Ventilspiel: alle 24’000 km
  • Stand: September 2018

2017 startete Triumph mit den neuen Bonnevilles ein regelrechtes Trommelfeuer an Modellneuheiten. Und die klassischen Bikes, die viel Vintage-Flair und modernste Technik auf appetitliche Art in sich vereinen, haben auf den Märkten dieser Welt eingeschlagen wie eine Bombe. Am stärksten überrascht waren Fachkreise dabei mit der Lancierung der Bobber, einem minimalistischen, tief bauenden Neoklassiker, der mit dicken Reifen, freistehendem Hinterrad und schwebendem Solo-Sattel den charakteristischen Umbauten der unmittelbaren Nachkriegszeit nachempfunden ist. Mehrere Male musste der Schweizer Importeur in Hinckley nachbestellen, um die hohe Nachfrage decken zu können.

Mehr dran und konsequent abgedunkelt

Nun haben Triumph-Kunden im Rahmen von Umfragen den Wunsch nach einer etwas weniger klassischen, muskulöseren, dynamischeren, moderneren, ja urbaneren Interpretation der Bobber geäussert. Das Resultat – ab 14’750 in Schwarz zu haben – lässt sich definitiv sehen und verfügt gegenüber der im Sortiment verbleibenden Basis neben der konsequenten «Abdunkelung» praktisch aller Anbauteile über folgende Upgrades: Doppel- statt Einzelscheiben-Bremse vorn mit Brembo-Zangen, massive 47-mm-Gabel anstelle des 41-mm-Pendants, 16-Zoll-Vorderrad mit fettem 130er-Ballon-Reifen (statt 19 Zoll und 100er-Wienerli), Scheinwerfer mit stylischem LED-Tagfahrlicht und integriertem Markenemblem sowie der serienmässige Tempomat.

Kein Fashion-Accessoire

Ich schwinge mich auf die Bobber Black, das Gesäss wird von der straff gepolsterten (in Längsrichtung justierbaren) Sitzschale aufgenommen, als wäre sie eine perfekte Negativ-Form des Hinterteils. Die Hände packen die robusten Griffe an den Enden des flachen Lenkers, wobei sich der Oberkörper leicht nach vorne neigt. Hebel und Schalter sind ergonomisch passend geformt und clever platziert, die Stiefel bei komfortablem Kniewinkel auf den gummierten Rasten satt parkiert – los geht’s!

«Ein kompaktes und mit 690 mm Sitzhöhe angenehm tiefes Bike», denke ich mir, als ich die Bobber Black vom Ständer nehme. Ganz ohne Kraftaufwand geht das nicht, und auch so spürt man das Trockengewicht von stattlichen 237,5 Kilo. Einmal in Fahrt, fallen die Pfunde allerdings nicht negativ ins Gewicht – im Gegenteil, verleihen sie der straff abgestimmten Maschine doch eine satte Kurvenstabilität. Was jedoch in erster Linie am tieferen Schwerpunkt, dem breiten Vorderreifen und der einen soliden Job abliefernden Gabel liegt. Das Einlenkverhalten ist entsprechend nicht luftig-leicht, aber auch nicht träge. Diese Bonnie will ihren Lenkimpuls, und das passt irgendwie zu ihrer Art. Denn sie ist zwar elegant und kompakt, aber eben kein zerbrechliches Fashion-Accessoire, sondern ein richtiges Bike mit fettem 1’200er-Motor und Hot-Rod-Flair.

Zu thematisieren ist ferner die Schräglagenfreiheit der ein transparenteres Feedback bietenden Bobber Black: Ja, es kratzt beim Kurvenschwingen eher früh als spät, doch ist dieser Sachverhalt der Fahrfreude bis und mit tempo „allegro“ nicht abträglich.

Es donnert mächtig

Bezüglich der Performance des Antriebs wollen wir dem Team um Chefingenieur Stuart Wood ein Kränzchen winden. 1’500 Umdrehungen, und die Massen im mächtigen Parallel-Twin mit 1’200 ccm Hubraum und maximal 77 PS schwingen sämig-rund in ihren Lagern. Doch nicht die Leistung macht diesen Antrieb aus, es ist das pralle Drehmoment, das quasi ab Stand in Hülle und Fülle bereitsteht und bei 4’000/min seinen Zenit von 106 Nm findet. Und so surfen wir vom bassig-wummrigen Twin-Bollern eingepackt von Kurvenausgang zu Kurvenausgang diese opulente Drehmoment-Woge und können nicht genug kriegen. 2’500 bis 4’500/min; hier spielt die von einem fetten Doppelbass untermalte Musik! Die Vibes an den Rasten ab 4’000/min sind nicht jedermanns Sache, aber auch nicht unpassend. Und ja, es ballert massig Druck aus den beiden Brennöfen, jedoch nicht in überforderndem Masse. Und wenn die Traktion am hinteren Avon-Gummi mal in die Knie geht, kann man sich auf die unauffällig intervenierende Traktionskontrolle verlassen.

Die superleichte Zweifinger-Kupplung lässt auch bezüglich Dosierbarkeit keinerlei Wünsche offen. Einziger Kritikpunkt des «High-Torque»-1’200ers, dessen Tempomat übrigens spielend einfach zu bedienen ist: Die Ansprache könnte etwas sanfter ausfallen.

Und wie steht es um die erstarkten Bremsen am vorderen Ende des Einplätzers? In puncto Verzögerungskraft und Dosierbarkeit ist alles top. Auch aus hohen Speeds lässt sich hier effizient kinetische Energie vernichten. Nur der Druckpunkt gibt sich für unseren Geschmack etwas zu indifferent. Fahrerinnen und Fahrern mit etwas weniger Routine dürfte der zurückhaltende Initialbiss der Brembos jedoch entgegenkommen. Und in diesem Kundensegment weiss die charismatische und bildhübsche Bobber Black garantiert nicht minder zu begeistern als bei den «alten Kämpfer:innen».

Unter der Strich halten wir fest: Die bekannte, prämiert-saubere Silhouette mündet bei der Bobber Black in einem optisch jüngeren, muskulöseren und fahrdynamischeren Gesamtpaket. Clever von Triumph, durch die Erweiterung des Portfolios die Bobber-Erfahrung einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Der Twin ist eine Wucht, das Chassis – genauso wie die neuen Bremsen – auf der Höhe der Zeit, und Verarbeitungsqualität sowie Detail-Liebe der preislich fair positionierten Bobber Black setzen neue Massstäbe.

Das hat uns gefallen:

  • Souveräner Motor mit viel Druck
  • Mix aus Handling und Stabilität
  • Gutes Elektronik-Paket
  • Sehr schönes Design bis ins Detail
  • Anmutung und Verarbeitungsqualität

Das hat uns weniger gefallen:

  • Vibrationen an den Rasten ab 4’000/min
  • Ansprache Motor könnte etwas sanfter sein
  • Etwas übergewichtig